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Bilanzmanipulation durch aufgeblähte Gewinne

Bilanzmanipulationen stellen eine der gravierendsten Formen der Wirtschaftskriminalität dar, die ein Unternehmen treffen können. Besonders besorgniserregend ist die Praxis, Gewinne künstlich aufzublähen, um ein verzerrtes Bild der finanziellen Gesundheit zu präsentieren. Als Expertin für Wirtschaftskriminalität möchte ich die Mechanismen hinter dieser Art der Manipulation beleuchten, die Bedingungen, die sie begünstigen, die potenziellen Auswirkungen auf Unternehmen und Strategien zur Prävention und Aufdeckung solcher Praktiken erörtern.


Das Vorgehen: Gewinne werden wie ein Luftballon aufgeblasen

Gewinnaufblähung oder „Earnings Management“ kann auf verschiedene Weisen erfolgen, darunter:


  • Überbewertung von Umsätzen: Unternehmen können Umsätze zu früh erfassen, sogenannte „Phantom Sales“ oder sogar fiktive Verkäufe buchen, die in der Realität nie stattgefunden haben. Dies kann durch die Manipulation von Rechnungsstellungsprozessen, die falsche Datierung von Verkaufsabschlüssen oder fälschen von Unterlagen erfolgen.

  • Unterschlagung von Kosten: Kosten, die in einem bestimmten Zeitraum anfallen, werden verschoben oder in den Bilanzen zurückgehalten. Dies kann durch die Nicht-Erfassung von Betriebskosten oder die fehlerhafte Darstellung von Ausgaben als Investitionen erfolgen. Auch Cut-Off Thematiken treten hier auf, indem diese unrichtig erfolgen.

  • Kreative Buchführung bei Rückstellungen: Unternehmen könnten Rückstellungen für zukünftige Verluste oder Verpflichtungen unterbewerten oder vollständig vermeiden, um den aktuellen Gewinn höher erscheinen zu lassen.

  • Bewertungstricks bei Vermögenswerten: Durch die Überbewertung von Vermögenswerten wie Immobilien oder geistigem Eigentum können Unternehmen den Eindruck eines höheren Gewinns oder einer solideren finanziellen Basis vermitteln.

  • Manipulation von Beständen: Die Aufblähung von Lagerbeständen oder die fehlerhafte Bewertung von Vorräten kann dazu führen, dass die Gewinnmarge höher erscheint, als sie tatsächlich ist.


Bilanzmanipulation

Begünstigende Faktoren: Warum Unternehmen zur Luftpumpe greifen


Unterschiedliche Faktoren können die Wahrscheinlichkeit für "Luftgewinne" erhöhen:


  1. Druck auf das Management: Manager können unter immensem Druck stehen, kurzfristige finanzielle Ziele zu erreichen, Erwartungen der Stakeholder zu erfüllen oder den eigenen Lebensstandard oder Status abzusichern, falls Boni von Umsatzzielen abhängig sind. Dieser Druck kann dazu führen, dass sie zu fragwürdigen Mitteln greifen, um die finanzielle Leistung zu verbessern.

  2. Schwache interne Kontrollen: Mangelnde oder ineffektive Kontrollmechanismen ermöglichen es, dass Manipulationen unentdeckt bleiben. Eine unzureichende Trennung von Verantwortlichkeiten und schwache Überwachung erhöhen das Risiko. Kontrollen, wie das Vier-Augen-Prinzip, werden nicht ernsthaft durchgeführt, bei nachgelagerten Prüfungen werden nicht die richtigen Fragen gestellt oder von einer Prüfung wird abgesehen, weil ein Sachverhalt zu komplex erscheint bzw. dargestellt wird.

  3. Kulturelle Faktoren: In einer Unternehmenskultur, die übermäßig auf kurzfristigen Erfolg und Gewinnmaximierung fixiert ist, können ethische Standards leicht vernachlässigt werden. Eine solche Kultur kann Mitarbeiter dazu ermutigen, riskante oder unethische Praktiken anzuwenden. So lange Gewinne erwirtschaftet werden, wird nicht viel hinterfragt. Auch existiert die Unternehmenskultur in vielen Fällen nur auf dem Papier. Wird eine Unternehmenskultur nicht von der obersten Führung bis hin zu jedem Mitarbeiter gelebt, ist sie nicht effektiv.

  4. Externe Überwachung zielt oft nicht auf Betrug ab: Externe Prüfungen haben unterschiedliche Ziele, wie die Feststellung von wesentlichen Fehldarstellung im Jahresabschluss durch den Wirtschaftsprüfer. Das Aufdecken von Fraud ist meist nicht Hauptzweck solcher externer Prüfungen und externe Prüfer sind nicht immer ausreichend für die Identifikation von Fraud-Anzeichen geschult.


Auswirkungen: Wenn der Ballon platzt


Die Konsequenzen von Gewinnaufblähung können für Unternehmen verheerend sein:


  1. Verlust des Vertrauens: Sobald Manipulationen aufgedeckt werden, erleidet das Vertrauen von Investoren, Kunden und Partnern erheblichen Schaden. Dies kann zu einem drastischen Rückgang des Aktienkurses und zu Kapitalflucht führen, sowie zum Verlust von Aufträgen.

  2. Rechtliche und regulatorische Folgen: Unternehmen können mit erheblichen Strafen, Klagen und regulatorischen Maßnahmen konfrontiert werden. Geschäftsführer könnten persönlich haften und Führungskräfte strafrechtlich verfolgt werden, und das Unternehmen könnte mit umfangreichen Compliance-Auflagen belegt werden. Außerdem verschlingt die Aufarbeitung von Fraud-Fällen Unmengen an personellen und finanziellen Ressourcen. Der Sachverhalt muss intern geklärt und beurteilt werden, es müssen Maßnahmen zur Eindämmung und zukünftigen Verhinderung getroffen werden und Unterlagen und Informationen müssen an Behörden geliefert werden. Unterschiedliche gesetzliche Fristen müssen beachtet werden, wie bei notwendigen Kündigungen oder Whistleblowern. Ggf. kommt es auch zur behördlichen Hausdurchsuchung.

  3. Finanzielle Instabilität: Manipulationen führen zu einer ungenauen Darstellung der finanziellen Lage, was zu Fehlentscheidungen im Management und letztlich zur finanziellen Instabilität des Unternehmens führen kann.

  4. Rufschädigung: Der Ruf des Unternehmens kann nachhaltig geschädigt werden, was die zukünftige Geschäftstätigkeit beeinträchtigen. Aktienkurse brechen ein, Kunden und Lieferanten beenden die Zusammenarbeit, die Bonität verschlechtert sich und Finanzierungen können nicht mehr beschafft werden etc. Die Folgen können bis hin zur Insolvenz reichen.


Erkennen: Wie man Luftballons erkennt


Zur Aufdeckung von Bilanzmanipulation gibt es unterschiedliche Ansätze:


  1. Analyse von Finanzkennzahlen: Ungewöhnliche Schwankungen oder Trends in den Finanzkennzahlen eines Unternehmens können ein Indikator für Manipulationen sein. Dazu gehören ungewöhnlich hohe Gewinnmargen, unerwartete Umsatzsprünge oder plötzliche Rückgänge in den Betriebskosten.

  2. Vergleich mit Branchenkollegen: Der Vergleich der finanziellen Leistung eines Unternehmens mit der seiner Konkurrenten kann helfen, Anomalien zu erkennen. Abweichungen, die nicht durch branchenspezifische Faktoren erklärt werden können, sind verdächtig.

  3. Forensische Buchprüfung: Spezialisierte Prüfer können tiefgehende Analysen der Buchhaltungsunterlagen durchführen, um Hinweise auf Manipulationen zu finden. Dies kann die Untersuchung von Transaktionen, Buchungseinträgen und internen Korrespondenzen umfassen.

  4. Befragung und Überprüfung: Interviews mit Mitarbeitern und Führungskräften sowie die Überprüfung von Managementprozessen können helfen, potenzielle Manipulationen aufzudecken.

  5. Einsatz von Technologie: Moderne Analytik-Tools und Algorithmen können Muster und Anomalien in großen Datenmengen erkennen, die auf Manipulationen hinweisen könnten.

  6. Interne Meldekanäle: Rund 50 % von Fraud fällen werden statistisch gesehen durch Hinweise aufgedeckt, aus diesem Grund und aufgrund der gesetzlichen Anforderungen macht ein interner Meldekanal für Hinweisgebende Sinn. Außerdem liegt die Information dann intern vor und die Analyse kann intern erfolgen, ohne unmittelbare Involvierung von Behörden oder Presse.


Prävention: Wie Unternehmen keine heiße Luft erzeugen


Unternehmen können verschiedene Maßnahmen ergreifen, um das Risiko von Gewinnaufblähung zu minimieren:


  1. Stärkung der internen Kontrollen: Implementierung strenger interner Kontrollsysteme, die regelmäßig überprüft und aktualisiert werden. Dies beinhaltet klare Richtlinien für die Finanzberichterstattung und die Trennung von Verantwortlichkeiten. Gezielt Kontrollen zur Vorbeugung von Fraud implementieren, wie verpflichtenden zwei-wöchigen Urlaub pro Mitarbeiter pro Jahr oder Vorsicht bei Bonifikationen, die an Umsätze oder den Aktienkurs geknüpft sind.

  2. Förderung einer starken Unternehmenskultur: Etablierung einer Kultur, die auf Integrität und ethischem Verhalten basiert. Führungskräfte sollten als Vorbilder dienen und ein Umfeld schaffen, in dem ethisches Verhalten belohnt wird.

  3. Schulung und Sensibilisierung: Regelmäßige Schulungen für Mitarbeiter auf allen Ebenen können das Bewusstsein für Risiken und ethisches Verhalten schärfen. Diese Schulungen sollten konkrete Beispiele und Fallstudien umfassen, um die Bedeutung klar zu machen.

  4. Etablierung von Whistleblower-Mechanismen: Anonyme Meldesysteme können dazu beitragen, dass Hinweise auf Fehlverhalten frühzeitig erkannt und untersucht werden. Mitarbeiter sollten ermutigt werden, Bedenken ohne Angst vor Repressalien zu äußern.

  5. Regelmäßige externe Audits: Unabhängige Prüfungen durch externe Auditoren bieten eine zusätzliche Sicherheitsebene und können helfen, Schwachstellen in den internen Kontrollen zu identifizieren.

Fazit: Heiße Luft lohnt sich nicht


Bilanzmanipulationen durch aufgeblähte Gewinne stellen eine ernste Bedrohung für die Integrität und die finanzielle Stabilität von Unternehmen dar. Um solche Praktiken zu verhindern, müssen Unternehmen robuste Kontrollsysteme implementieren, kritisch bleiben, eine Kultur der Integrität fördern und ihre Mitarbeiter regelmäßig schulen. Durch den Einsatz moderner Technologien und die Durchführung regelmäßiger Audits können Unternehmen zudem sicherstellen, dass Manipulationen frühzeitig erkannt und adressiert werden. Letztendlich ist es die Verpflichtung jedes Unternehmens, Fraud zu verhindern, um das Vertrauen von Investoren, Kunden und der Öffentlichkeit zu sichern und langfristigen Erfolg zu gewährleisten.


Kontaktiert mich gerne für weitere Informationen oder Hilfe: m.leitgeb@mlg-consulting.at.

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